Love me lordly (WRECKED 1) (German Edition) Read online




  Love me lordly

  WRECKED I

  Katie Weber

  © Katie Weber, 2018

  Alle Rechte vorbehalten.

  Freiherr-vom-Stein-Str. 23, 69517 Gorxheimertal

  Buchcoverdesign: Katie Weber – unter Verwendung

  von Bildmaterial von shutterstock.com

  Korrektorat: Nathalie Kunze

  Inhalt

  Prolog

  1. Alice

  2. Kian

  3. Alice

  4. Kian

  5. Alice

  6. Kian

  7. Alice

  8. Kian

  9. Alice

  10. Kian

  11. Alice

  12. Kian

  13. Alice

  14. Kian

  15. Alice

  16. Kian

  17. Alice

  18. Kian

  19. Alice

  20. Kian

  21. Alice

  22. Kian

  Danksagung

  Über den Autor

  Prolog

  Alice

  Erleichtert atmete ich auf, als ich mich in den leeren Aufzug der Shoppingmeile von Fort Myers quetschte, bevor sich die Türen vor meinen Augen schließen und er ohne mich zum unteren Deck des Parkhauses fahren konnte.

  Ich wollte nur nach Hause und mich unter eine kalte Dusche stellen, bevor ich ins Bett fallen und vermutlich augenblicklich einschlafen würde. Wieder einmal hatte ich eine 12-Stunden-Schicht hinter mir und das spürte ich jetzt in jedem einzelnen meiner Muskeln. Genauso wie die Müdigkeit, die sich nun, da ich endlich Feierabend hatte, qualvoll durch meine Knochen fraß.

  Erschöpft lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die Wand des engen Fahrstuhls und starrte in den verspiegelten Türen meinem fahlen, ausgelaugten Gesicht entgegen. Mein Blick wirkte leer, die Augen matt. Die dunklen Ringe darunter waren kaum zu übersehen, genauso wie die rissigen, trockenen Lippen, die sich nach mehr Pflege sehnten. Ähnlich wie meine strähnigen, spröden Haare, die mittlerweile aschblond statt einem gesunden Honigblond glichen, wie sie von Natur aus sein sollten.

  Schulden hatten mich dahin gebracht, wo ich mich jetzt befand. Geldprobleme, die ich nicht zu bewältigen im Stande gewesen war und es vermutlich nie sein würde. Es war ein Teufelskreis, aus dem ich nicht ausbrechen konnte. Selbst wenn ich alles dafür tat, ich schaffte es nicht, das sich stetig weiter drehende Karussell zu verlassen und dem Unausweichlichen zu entspringen. Mein Leben schien die reinste Kapitulation des Schicksals, das mich gefangen hielt. Und momentan konnte ich absolut nichts dagegen tun, als zu arbeiten. Jeden Tag, jede Nacht. Immer dann, wenn ich gebraucht wurde und mir etwas dazuverdienen konnte. Jede freie Sekunde opferte ich dafür, nur um den nächsten Monat überleben zu können. Überleben in einer Welt, die so materiell und oberflächlich war, dass ich schlicht nicht in sie hineinpasste.

  Erträumt hatte ich es mir einmal anders. Wie jedes kleine Mädchen wollte ich eines Tages in einem riesigen Märchenschloss leben – mit einem holden Prinzen an meiner Seite, der mich liebte und mich beschützte.

  Die Realität sah allerdings anders aus. Und zu träumen hatte ich längst aufgegeben.

  Geräuschvoll hielt der Aufzug im untersten Parkdeck mit einem Ruckeln, bevor sich die Spiegeltüren vor mir öffneten und damit die armselige Reflexion meiner Selbst und meiner Gedanken zerrissen.

  Mühevoll schulterte ich die bleischwere Handtasche und ging zu meinem Wagen, den ich am frühen Morgen in der winzigen Parklücke mit der Nummer A24 abgestellt hatte, wie ich es jeden Tag tat. Nur beiläufig registrierte ich den feuerroten Luxuswagen neben meinem kleinen Polo und schenkte ihm keinerlei weitere Beachtung. Schließlich war das nichts Ungewöhnliches in dieser Gegend.

  Vorsichtig und nur im Schneckentempo fuhr ich meinen Wagen in der Dunkelheit der Tiefgarage im Rückwärtsgang zur Hälfte aus der Parklücke, schlug das Lenkrad komplett ein und trat blitzschnell auf die Bremse, als mich plötzlich grelle Scheinwerfer im Rückspiegel blendeten.

  Ich fluchte leise vor mich hin, als der Wagen direkt hinter meinem stehenblieb und mit augenausbrennenden Scheinwerfern darauf wartete, dass ich den Polo endlich aus der Parklücke bewegte, damit er sie sich schnappen konnte.

  Mit vor Wut rasendem Herzen drehte ich das Lenkrad vollkommen geistesgegenwärtig in die andere Richtung und fuhr weiter zurück, als ich im nächsten Moment ein fürchterlich lautes Kratzgeräusch wahrnahm und erneut sofort auf die Bremse stieg.

  Verdammte Scheiße! War das etwa ...?

  Scharf sog ich die Luft ein, als ich erkannte, dass mein Wagen den sündhaft teuren Ferrari neben mir berührte. Ich hatte ihn geschrammt! Ausgerechnet diesen Luxusschlitten!

  Mit weit aufgerissenen Augen saß ich tief in meinen Sitz gepresst und starrte vor mich hin. Was sollte ich jetzt bloß tun? Mein Kopf schien leergefegt. Das Einzige, was ich spürte, war die aufkeimende Panik, die unaufhaltsam in mir hochkroch und mich hart schlucken ließ.

  Ein Unfall – das war es, was mir gerade noch gefehlt hatte. Nicht nur, dass ich keine Versicherung besaß, die mir aus der Patsche helfen konnte, ich hatte nicht das Geld, um die horrenden Reparaturkosten eines Luxusflitzers zahlen zu können.

  Lautes Hupen hinter mir ließ mich aus meiner Starre schrecken. Binnen Sekunden fuhr ich den kleinen Polo völlig automatisiert, und ohne weiteren Schaden zu verursachen, aus der Parklücke und zur Seite, bevor ich zögernd und mit zittrigen Knien aus dem Wagen stieg.

  »Das wird teuer werden«, hörte ich den Fahrer staunen, der sich in meine ehemalige Parklücke gestellt hatte und ebenfalls ausgestiegen war. Kurz sah er sich die schwarzen Lackstreifen an, die sich einige Zentimeter quer über das makellose Rot des Ferraris zogen, und blickte dann in meine Richtung. »Hoffentlich übernimmt das Ihre Versicherung.« Mit prüfendem Blick sah mir der Mann in die Augen, schüttelte verständnislos den Kopf und verschwand dann im Aufzug, aus dem ich erst vor Kurzem gestiegen war, während ich versteinert vor dem Ferrari stand und zu begreifen versuchte, was gerade passiert war.

  Mein Leben war das reinste Chaos. Das war es schon immer. Doch das, was das Schicksal diesmal mit mir trieb, war unfair und für mich nicht zu bewältigen. Wie konnte ein Mensch nur so viel Pech haben?

  Ich war müde. Und diese Müdigkeit hatte nichts mit Schlafmangel zu tun. Die Leere, die mich in diesem Moment durchzog, ließ mich wie ein nasser Sack zu Boden sinken und meine Augen schließen.

  Ich brauchte nicht lange, um in Gedanken meine Möglichkeiten durchzugehen, denn ich hatte im Grunde absolut keine andere Wahl. Auch wenn dieser Schaden an dem Ferrari vermutlich meinen kompletten Ruin bedeutete, so konnte ich nicht davonfahren und flüchten. Nicht nur, weil mein Gewissen das niemals zulassen würde. Ich wusste, dass es mindestens einen Zeugen dafür gab, der das alles genau beobachtet hatte. Eine Anzeige wäre letztendlich nicht nur mein Ruin, sondern mein Tod. Ich könnte mich niemals mehr davon erholen, von den Gerichtskosten, die ich dann zusätzlich zu tragen hätte – denn, dass ich diesen Prozess verlieren würde, war ein unabweisbarer Fakt – mal ganz abgesehen.

  Blind griff ich in meiner Handtasche, die ich neben mich auf den Boden hatte fallen lassen, nach Notizblock und Kugelschreiber und öffnete endlich wieder die Augen.

  Mit rasenden Herzklopfen, schwitzigen und gleichzeitig eiskalten Fingern notierte ich mir das Kennzeichen des Ferraris und schrieb auf einen weiteren Zettel meine Kontaktdaten. Ich gestand dem Besitzer des roten Luxuswagens meine Schuld und erhob mich mit allerletzter Kraft vom Boden des Parkhauses.

  Mit zittrigen Händen schob ich den Zettel an die Windschutzscheibe, klemmte ihn an den Scheibenwischer und hoffte, der Besitzer würde ihn bemerken und sich bald bei mir melden, damit wir uns irgendwie einigen konnten.

  Ich wusste, ich hatt
e keine Chance, den Schaden zu begleichen. Dennoch betete ich dafür, dass es irgendetwas gab, was ich tun konnte, um den Besitzer zu beschwichtigen oder ihn ein wenig zu vertrösten. Vielleicht würde er sogar in eine Ratenzahlung einwilligen? Ich hoffte auf ein Wunder, auch wenn ich mir sicher war, dass ich dieses nicht verdiente.

  Ruhelos stieg ich zurück in meinen Wagen und versuchte mich zu beruhigen.

  Es half nichts.

  Denn das Gefühl, verfolgt zu werden, war zu präsent und gegenwärtig – verfolgt von meinem eigenen Schicksal und seinen Konsequenzen.

  Eins

  Alice

  »Das macht zwölf Dollar, bitte.« Die sanfte Stimme der Kassiererin riss mich aus meiner Starre und den kreisenden Gedanken um den Ferrari, den ich vor einigen Tagen geschrammt hatte. Bis heute hatte sich niemand bei mir gemeldet und ich wusste nicht, woran das lag. Hatte der Besitzer meinen Zettel nicht bekommen? Hatte ihn jemand entfernt? Oder scherte sich dieser Mensch nicht um ein paar Kratzer in seinem Flitzer, da er genug Geld besaß, um sich einen Neuen zu kaufen? Was auch immer der Grund dafür war, es ließ mir seit Tagen keine Ruhe. Meinem Gewissen schon gar nicht.

  Seufzend suchte ich mein letztes Bargeld zusammen, das ich besaß, und zahlte die Lebensmittel, die ich eingekauft hatte. Der Monat war noch nicht rum und langsam kam ich zu einem Engpass, was meine finanzielle Lage betraf. Nach Abzug der Miete, den dutzenden Ratenzahlungen, die ich zur Tilgung der Schulden tätigte, blieb mir selten genug Geld für Nahrungsmittel und andere Dinge. Längst ernährte ich mich nur noch von Brot, Nudeln und Reis. Für ein bisschen Fleisch oder gar Fisch fehlte mir das nötige Kleingeld.

  »Danke und noch einen schönen Tag«, sagte ich zur Kassiererin und lächelte tapfer, als sie mir einen sorgenvollen Blick zuwarf.

  Schnell räumte ich meine Lebensmittel in eine Papiertüte, nahm sie in beide Hände und verließ den kleinen Laden, um die Sachen nach Hause zu fahren. Doch als ich draußen stand und verzweifelt mit einer Hand versuchte, nach dem Autoschlüssel in meiner Hosentasche zu suchen, begann es plötzlich in Strömen zu regnen. Ohne jegliche Vorwarnung oder Vorankündigung und innerhalb weniger Sekunden.

  Typisch Florida! Wenn es hier mal regnete, dann zumindest heftig und schnell.

  Seufzend fluchte ich laut auf. Und gerade als ich den Schlüssel mit zwei Fingern zu fassen bekam, ohne die Papiertüte mit meinem Einkauf fallen zu lassen, klingelte plötzlich mein Handy.

  Ich wusste, ich musste rangehen und das sofort. Denn ich rechnete jeden Moment, jeden Tag und schlichtweg immer damit, dass mich meine Chefin anrief und zur Arbeit orderte, was ich keinesfalls verpassen oder absagen durfte. Ich brauchte die Überstunden, brauchte das Geld dringend, also ließ ich den Schlüssel in der Hosentasche und fischte stattdessen nach dem Handy, das in meiner Jackentasche steckte.

  Über mir brach die Hölle zusammen und der Regen wurde immer stärker, was ich mühsam ignorierte. Immerhin war es nur Wasser und ich war es längst gewohnt, in den unpassendsten Momenten nass zu werden.

  Blinzelnd kämpften meine Augen gegen die dicken Regentropfen an, als ich versuchte, den Anrufer zu identifizieren, doch mein Handy schien die Nummer nicht zu kennen. Vorsichtig balancierte ich die Papiertüte auf den linken Arm, damit meine rechte Hand frei wurde, und nahm den Anruf schließlich entgegen.

  »Hallo?«, meldete ich mich, als es über mir zu Donnern begann.

  Stille am anderen Ende. Nichts als das Rauschen des Regens war zu hören, weshalb ich es noch einmal versuchte. »Ist da jemand? Ich kann Sie leider nicht verstehen«, redete ich automatisch etwas lauter, als es erneut über mir donnerte.

  »Spreche ich mit Alice? Alice Hollister?«, durchfuhr mich die geheimnisvolle, männliche Stimme wie ein Blitz. Die angenehmen Vibrationen strömten durch meinen Körper wie Elektrizität und ich fragte mich, wem sie wohl gehörte.

  »Ganz genau, ich bin Alice«, bestätigte ich zögerlich und wurde innerlich nervös. »Mit wem spreche ich denn?«

  Wieder sekundenlang nur Stille und das Rauschen des Regens über mir. Bis ich ein tiefes Räuspern hörte. »Sie haben meinen Wagen vor einigen Tagen beschädigt«, kam die Erklärung trocken und abgeklärt. Beinahe so, als ob es ihn tatsächlich kaum kümmerte, dass sein Ferrari zerkratzt wurde.

  Ich war erleichtert, dass sich der Besitzer endlich bei mir meldete und gleichzeitig stieg Angst und Panik in mir auf, denn dieser Mann klang so gar nicht interessiert daran, mir und meinen Geldproblemen entgegenzukommen. Ganz im Gegenteil sogar. Er schien nicht nur desinteressiert, sondern ziemlich direkt und auf eine mir bisher unbekannte Weise unhöflich. Nicht einmal anständig begrüßt hatte er mich am Telefon.

  »Ich bin froh, dass Sie sich bei mir melden«, sagte ich nach einer kurzen Pause der Irritation und seufzte. »Ich dachte schon, der Zettel wäre ...«

  »Bei welcher Versicherung sind Sie und wieso haben Sie die nicht kontaktiert? Dann wäre mir dieser Anruf zumindest erspart geblieben«, unterbrach er mich kühl, wirkte dabei eher genervt als verärgert.

  Verunsicherung machte sich in mir breit. »Ehrlich gesagt«, presste ich gequält hervor und schloss instinktiv die Augen, »Ich habe leider keine Versicherung.«

  Erneut kehrte eine angespannte Stille am anderen Ende ein und ich schluckte hart, während der Regen meine Wangen entlang lief, als wären es Bäche von Tränen.

  »Wie wollen Sie den Schaden begleichen, wenn Sie nicht versichert sind?« Seine eindringliche, dunkle Stimme ließ mich zusammenzucken.

  »Ich dachte, wir könnten ...«

  »Haben Sie eine Ahnung, wie viel die Reparatur kosten wird?«, unterbrach er mich bereits zum zweiten Mal. Harsch und kalt. Seine Stimme triefte vor Desinteresse und Langeweile und es schien mir unbegreiflich, wieso.

  »Nein«, krächzte ich verzweifelt und hievte die Papiertüte mit dem Einkauf auf die Motorhaube meines Polos. Mein Arm konnte dem Gewicht nicht mehr standhalten und so saugte sich die Tüte nun auch von unten voll Wasser. »Wissen Sie, ich dachte, ich könnte den Schaden vielleicht anders abbezahlen«, beeilte ich mich zu erklären, bevor er mich erneut unterbrechen konnte.

  Zum wiederholten Male schwieg er und es kam nichts als Stille vom anderen Ende. Ich nutzte die Gelegenheit, um schnell nach dem Schlüssel zu greifen und meinen Wagen aufzuschließen. Vorsichtig schaffte ich den Einkauf samt nasser Papiertüte auf die Rückbank, ehe ich mich ebenso nass und frierend auf den Fahrersitz fallen ließ, das Handy noch immer an meinem Ohr.

  »Ich schicke Ihnen gleich eine Adresse zu. Kommen Sie in einer Stunde dort hin.«

  Verwirrt runzelte ich die Stirn. »Wo hin?«

  Mein Blick fiel prüfend auf meine Armbanduhr. Bot er mir etwa gerade tatsächlich an, sich mit mir persönlich zu treffen, um eine Lösung für mein Problem zu finden? Das konnte unmöglich sein! So viel Glück verdiente ich nicht. Doch vielleicht ahnte er längst, dass ich arm wie eine Kirchenmaus war, es bei mir also nichts zu holen gab und das seine einzige Chance auf Gerechtigkeit war.

  »Ich habe jetzt keine Zeit, die Einzelheiten am Telefon zu klären. Ich muss zu einem Meeting. Kommen Sie einfach zum Treffpunkt. Sie hören von mir.«

  Verunsichert und vollkommen durcheinander starrte ich in den Regen, als ich ein Tuten am anderen Ende wahrnahm. Er hatte aufgelegt, ohne auf eine Antwort von mir zu warten oder sich zu verabschieden.

  Was war das nur für ein seltsamer Mensch? Und wieso ging er fest davon aus, dass ich kommen würde? Immerhin kannte ich ihn nicht und wusste nicht, ob er irgendein gefährlicher Spinner war. Nicht einmal seinen Namen hatte er mir genannt.

  Irritiert lehnte ich meinen Kopf ans Lenkrad und schloss kurz die Augen. In was für einen Mist hatte ich mich da wieder hineinmanövriert?

  Praktisch gesehen hatte ich keine andere Wahl, als seiner Aufforderung nachzukommen. Schließlich hatte er all meine Kontaktdaten und wenn er wollte, würde er doch zur Polizei gehen und mich anzeigen lassen. Auch wenn ich ihm das seltsamerweise nicht zutraute, so wusste ich, die Chance bestand und da ich ihm bereits angeboten hatte, den Schaden seines Wagens anders zu begleichen, musste ich mich mit ihm treffen.

  Gerade
als ich die Augen wieder öffnete und es draußen mit einem lauten Knall donnerte, leuchtete mein Handy auf und ich erkannte eine neue Nachricht derselben unbekannten Nummer wie beim Telefonat zuvor.

  Nervös öffnete ich sie und las mir die Adresse durch, die ohne jede weitere Information geschickt wurde. Ich wusste also nicht, ob ich zu seiner Arbeit, seinem Büro, irgendeinem Café oder gar seinem Haus zitiert wurde, geschweige denn, um wen es sich bei dem Besitzer des feuerroten Ferraris handelte. Alleine die Adresse sagte einiges über den Menschen dahinter aus – denn diese lag etwa vierzig Meilen außerhalb von Fort Myers, direkt am Meer in der Nähe von Naples am mexikanischen Golf, einer der nobelsten Orte dieser Gegend.

  Die Zeit ließ es nicht zu, dass ich nach Hause fuhr, um mich frischzumachen, abzutrocknen und mich umzuziehen, also fuhr ich direkt vom kleinen Parkplatz des Ladens, in dem ich zuvor eingekauft hatte, zu der mir genannten Adresse, ohne zu ahnen oder zu wissen, was mich dort erwartete.

  * * *

  Hart schluckte ich den Kloß in meinem Hals hinunter, als ich in die richtige Straße einbog. Sie lag tatsächlich direkt am Meer, der Strand unmittelbar hinter den riesigen Villen, die mich schrecklich einschüchterten. Doch was hatte ich auch anderes erwartet von einem Mann, der einen Ferrari fuhr?

  Langsam dämmerte mir, dass es sich um ein privates Anwesen handeln musste, zu dem mich das Navigationssystem auf meinem Handy führte. Nichts in dieser Straße wies darauf hin, dass sich hier öffentliche oder gewerbliche Gebäude befanden, also hielt ich meinen Wagen unweit der mir genannten Adresse und schaute mich verunsichert um.